Donnerstag, 27. Februar 2014

Asylrecht ist unantastbar

Der zweite Brückenabend ist gerade vorbei, aber fast alle bleiben noch im Raum, um sich zu unterhalten. Eine ältere Frau, die in der Reihe vor mir gesessen hat, dreht sich um. "Und Sie haben hier die ganze Zeit fleißig mitgeschrieben - ist das ein Protokoll?" 

Nein Protokoll würde ich das nicht nennen, was ich am 26. Februar zum Brückenabend aufgeschrieben habe. Oder zum Vernetzungstreffen verschiedener Gruppen im Tietz am 20. Februar. Oder zum Initiativtreffen bei der AG In- und Ausländer am 19. Februar. Denn zur Zeit beschäftige ich mich intensiv gemeinsam mit vielen anderen Menschen mit den Problemen in Ebersdorf und Hilbersdorf. Dabei geht es auch immer wieder um die Asyl Erstaufnahmeeinrichtung. Ich sitze dann da, meist still, und höre zu und notiere so für mich: Wie ist die Stimmung, was sind die Bedürfnisse, was Lösungsansätze. Denn zuerst einmal will ich die Situation verstehen. 

Manchmal zwinge ich mich einfach nur zuzuhören. Ich weiß, in jeder Diskussion gibt es Momente, in denen ich gerne widersprechen möchte. Sei es, weil meine Informationen andere sind oder meine Einstellung. Gerade dann ist es manchmal wichtig, die Klappe zu halten und erstmal darüber nachzudenken. Mag sein, dass Fakten dagegen sprechen, aber wenn diese Fakten nicht angekommen sind, wenn Bürgerinnen und Bürger widersprüchliche Eindrücke und Gefühle haben, dann muss ich das ernst nehmen und auch daraus meine Schlüsse ziehen.

Ich bin froh, dass viele Initiativen und Einzelpersonen sich für das Miteinander in den Stadtteilen stark machen. Das unterstütze ich gerne bei jeder Gelegenheit. Aus den Diskussionen habe ich mir aber auch politische Forderungen mitgenommen, die ich in die Kommunalwahl mitnehme.

  • Positionierung zu Asyl in Chemnitz: Alle, die sich für Asyl in Chemnitz stark machen, wollen endlich auch politische Rückendeckung von den demokratischen Parteien im Stadtrat. Es kann nicht sein, dass wir das Feld den Rechtspopulisten und ihrer Deutung überlassen. Ja, an den Bedingungen muss sich etwas ändern, aber Asyl ist ein Menschenrecht und als solches unantastbar. Die Erstaufnahme in Chemnitz zu schließen steht schon allein deswegen nicht zur Debatte. Ich kämpfe dafür, dass auch die SPD den Mut aufbringt, das so deutlich zu sagen.
  • Finanzielle Unterstützung: Die Stelle der städtischen Ausländerbeauftragten muss langfristig sichergestellt werden. In den Haushaltsdiskussionen ist an dieser Stelle kein Sparpotential. Schon zu oft haben wir erlebt, dass Einsparungen an der falschen Stelle größere Folgekosten und Probleme nach sich ziehen. Um die Begegnung und Information zu fördern braucht es darüber hinaus weitere Investitionen. Ich glaube, dass Streetworker zu einer deutlichen Entspannung beitragen könnten.
  • Aufklärung: Es fehlt an Informationen. Diese Ungewissheit schürt die Gerüchteküche weiter an und trägt zu Misstrauen und Vorurteilen bei. Dabei beweisen zum Beispiel Polizeistatistiken, dass die Kriminalität unter den Asylbewerbern geringer ist, als unter den Einheimischen. Weitere Statistiken müssen offen gelegt und für alle zugänglich gemacht werden.
  • Druck auf den Freistaat: Die Erstaufnahme ist eine Einrichtung des Freistaates. Die Stadt kann die Probleme deswegen oft nur weitergeben und Druck machen. Aus Dresden brauchen wir zuallererst mal die Erlaubnis, das Gelände betreten zu dürfen. Viele Menschen wollen helfen, bekommen aber derzeit keinen Zugang.

Das Thema polarisiert. Zum Brückenabend berichtete ein Paar aus der unmittelbaren Nähe der Erstaufnahme, dass das einst gute nachbarschaftliche Verhältnis gestört sei. Der Argwohn gegenüber den Fremden wird teils zum Argwohn gegenüber allen, die mit ihnen sympathisieren. Deswegen brauchen wir die Begegnung, müssen den Asylsuchenden ein Gesicht, einen Namen und eine Geschichte geben. Mein Ziel ist eine gute Nachbarschaft.   

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