Freitag, 15. November 2013

Eskaliert die Ruhe?

Ich sitze in Newcastle und müsste mir eigentlich nicht jeden Tag den Kopf über meine Heimat, Chemnitz, zerbrechen. Als Student kann man sich im Nordosten Englands nämlich auch anderweitig ganz ordentlich die Zeit vertreiben. Und das hier - wenigstens ein Semester im Ausland - war seit meiner Schulzeit mein Traum. Nicht, dass ich es hier nicht genießen würde. Allein: Es fehlt die Chemnitzer Dramatik.

Wenn ich eines eigentlich nicht leiden kann, dann ist es Genörgel. Am besten unreflektiert und immer schön Vorurteile bemühen. Dass ich ausgerechnet an Chemnitz so hänge, ist schon paradox. Schließlich vergeht kein Tag, an dem ich nicht lesen würde, "wie die im Rathaus unsere Stadt zu Grunde richten".

Ja, ich bin selten mit den Nörglern einer Meinung. Die machen es sich zu einfach. Sich erst über jedes neue Parkhaus aufregen und dann darüber, dass dem Parkhausbauer ein Riegel vorgeschoben wird. Das ist doch witzlos! Reflexartig sind die Stadtoberen als die Ursache allen Übels ausgemacht. Die Botschaft, die mitschwingt: Da die Macht bei den Inkompetenten liegt, ist das Verderben unausweichlich.

Ich bin fest davon überzeugt, dass es nicht so einfach ist. Das ist zunächst mal keine besonders ermutigende Aussage und sie widerspricht auch nicht den Nörglern. Die Probleme sind riesig - genau, wie überall in Sachsen, Deutschland, Europa und der Welt. Davor brauchen wir nicht die Augen zu verschließen. Müssen wir uns deswegen fügen? Nein, selber aktiv werden! Unsere Stadt braucht uns.

Wenn wir als Chemnitzer nicht das nötige Selbstbewusstsein, den Mut und Anspruch aufbringen, eine positive Entwicklung sehen zu wollen, dann wird uns auch kein Rathaus eine Erfolgsgeschichte schreiben können. Wenn wir für unsere Heimat eine andere Vorstellung haben, dann ist es eben nicht genug auf den Status quo zu schimpfen.

Felix Kummer von der Chemnitzer Kultband "Kraftklub" sagte der Zeit in einem Interview am 8. November 2013: "Eigentlich müssten sich alle zwischen 18 bis 80 Jahren darauf einigen können, dass man der eigenen Stadt doch wohl ungern beim Sterben zusieht." Ohne Widerspruch. Ich bin dabei. Ab Januar 2014 auch wieder vor Ort. Du auch?

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