"Chemnitz wiederfinden", das ist ein bisschen provokativ. Aus meiner Wahrnehmung steht für viele Chemnitzer aber offensichtlich fest, dass die Stadt seit ihrer Blütezeit Federn gelassen und ihre Reize verloren hat: Historische Gebäude, bekannte Marken, Einwohner, Kultur, Sport. Status und Selbstverständnis sind weg. Ein positives Selbstbild, eine starke Chemnitzer Identität, brauchen wir aber aus mehreren Gründen. Vielleicht am wichtigsten ist dabei, Interesse, Teilhabe und Freude an dem, was unsere Stadt ausmacht oder ausmachen soll, wieder zu entdecken.
Gleichzeitig bin ich mir sicher, dass unsere Stadt nie wieder das sein wird, was sie einmal war. Und das ist gut so. Zu oft wird vergessen, dass früher zwar nicht alles schlecht, aber auch nicht alles besser war.
Ich bin mir bewusst, dass das aus dem Mund eines 21 jährigen altklug klingt. Was weiß der schon, wie es hier früher war? Der kennt ja gar nichts anderes. Stimmt. Ich kenne Chemnitz von keiner anderen Seite. Noch nicht mal Karl-Marx-Stadt steht im Pass. Ich glaube auch gerne, dass es für viele hier früher schöner oder interessanter war.
Für mich stehen jetzt andere Fragen im Vordergrund:
Was haben wir?
Was können wir?
Was brauchen wir?
Was wollen wir darüber hinaus und zu welchem Preis?
Es steht nicht zur Option, nochmal vor 20, 60 oder 100 Jahren anzufangen. Sächsisches Manchester oder Vorzeige-Stadt des Sozialismus werden wir nicht mehr. Neue Technologien sind gefragt und neue Chancen entstanden. Wir müssen uns nicht neu erfinden, sondern uns auf unsere Stärken besinnen und darauf aufbauen.
Oft höre und lese ich: "Chemnitz ist besser als sein Ruf." Arbeiten wir am Ruf! Kritik braucht ihren Platz genau so, wie Lob. Diese Einsicht vermisse ich noch. Dabei gäbe es durchaus Gründe manchmal sogar ein bisschen stolz zu sein. Die Idee, die Chemnitzerinnen und Chemnitzer wieder mit ihrer Stadt "auszusöhnen", treibt mich an, politisch aktiv zu sein.
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